Bericht aus dem Südkurier: TuS Steißlingen: Ein Team spielt sich ins Rampenlicht

Markus und Jonathan Stich sprechen über die große Herausforderung Oberliga für den TuS Steißlingen. Vater Markus als Handball-Abteilungsleiter, Sohn Jonathan als Trainer. Die Handballer des TuS Steißlingen haben mit der Südbadenliga-Meisterschaft die erfolgreichste Saison der Vereinsgeschichte hinter sich. Wie würden Sie die kommende Runde in der Oberliga bezeichnen? Abenteuer? Neuland? Markus Stich: Es wird eine Herausforderung, eine Mammutaufgabe. Der Aufstieg war auf alle Fälle ein großer Erfolg der Männermannschaft. Die Frauen hatten vor einigen Jahren

Markus und Jonathan Stich sprechen über die große Herausforderung Oberliga für den TuS Steißlingen. Vater Markus als Handball-Abteilungsleiter, Sohn Jonathan als Trainer.

Die Handballer des TuS Steißlingen haben mit der Südbadenliga-Meisterschaft die erfolgreichste Saison der Vereinsgeschichte hinter sich. Wie würden Sie die kommende Runde in der Oberliga bezeichnen? Abenteuer? Neuland?

Markus Stich: Es wird eine Herausforderung, eine Mammutaufgabe. Der Aufstieg war auf alle Fälle ein großer Erfolg der Männermannschaft. Die Frauen hatten vor einigen Jahren auch schon mal in der Oberliga gespielt.

Jonathan Stich: Neuland passt gut. Wir kennen nur zwei Gegner, den TV Willstätt und den TVS Baden-Baden, der früher TV Sandweier hieß, weil sie wie wir aus Südbaden kommen. Gegen alle anderen haben wir noch nie gespielt.

Markus Stich: Wenn man auf die Landkarte schaut, ist das was ganz anderes. Jetzt spielen wir hauptsächlich gegen Vereine aus dem Großraum Stuttgart. Die Partien gegen Weilstetten oder Herrenberg sind da schon fast unsere Derbys. (lacht)

Wie war die Stimmung im Ort, als Ihre Mannschaft auf die Südbadenliga-Meisterschaft zusteuerte?

Markus Stich: Die Euphorie war riesig. Es hat sich sogar im Lauf der Saison spontan eine Fangruppe formiert, die uns aktiv angefeuert hat. Auch auswärts in Ottenheim waren mal 200 Leute dabei, die das Spiel in der Fremde, in dem wir Meister wurden, zu einem Heimspiel für uns gemacht haben. Handball ist gerade das Dorfgespräch, da das mit Abstand die Sportart Nummer eins bei uns ist.

Jonathan Stich: Das war aber alles während der Erfolgssaison. Wir wissen nicht, wie es weiter geht. Meister werden ist das Eine. Wie es sich jetzt entwickelt? Ich bin gespannt.

Markus Stich: Viel wird damit zu tun haben, wie wir uns sportlich präsentieren. Das Gute und Besondere am TuS Steißlingen ist ja: Das sind alles Hegauer Jungs. Drei Viertel der Spieler sind Steißlinger, die anderen kommen aus Gottmadingen, Ehingen, Singen oder Worblingen. Da sind wir schon ein bisschen stolz darauf, dass sich unsere Leute bei uns so weiter entwickeln.

Woran liegt das? Haben die Steißlinger einfach gute Handballgene, oder profitieren Sie davon, die Sportart Nummer eins zu sein, wie Sie selbst sagen?

Jonathan Stich: Das hat mehrere Gründe. Wenn man ein gutes Standing hat, dann hat man auch einen guten Zulauf. Wenn man diese Steine bekommt, muss man sie aber auch veredeln. Unsere Jugend hatte immer große Erfolge, die männliche A-Jugend war zuletzt Meister in der Südbadenliga. In den letzten Jahren haben es immer zwei, drei aus der Jugend in die erste Mannschaft geschafft. Das liegt an der guten Grundausbildung, die sie bei uns bekommen.

Markus Stich: An diesem Konzept wollen wir auch nicht viel ändern. Wir hätten die Mannschaft gerne verstärkt, aber wo bekommt man Spieler her, die uns sportlich weiterhelfen, aus der Region kommen und wenig Geld kosten? Viele bleiben lieber in der zweiten Mannschaft der HSG Konstanz in der Südbadenliga, statt zu uns zu kommen. Die Studenten bleiben auch lieber in Konstanz, als die 20 Kilometer zu uns zu fahren. Das sind aber alles Spekulationen. In der anderen Richtung ist die Schweiz, und die Spieler von dort sind für uns finanziell nicht möglich. Die sind verdorben, was das Geld angeht.

Jonathan Stich: Wir profitieren von zwei sehr guten Jahrgängen: Zum einen ist das der Jahrgang 1993/94, aus dem sich schon länger einige Spieler in der ersten Mannschaft etabliert haben, und dann der Jahrgang 1995/96, aus dem die Spieler jetzt so weit waren. Zwei Spieler in meinem Team sind 28 Jahre alt, der Rest ist maximal 25. Die meisten sind zwischen 19 und 22. Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht und konsequent auf die Jugend gesetzt.

Selbst auf Ihrer Position als Trainer. Sie sind ja direkt vom Spielfeld auf die Bank gewechselt.

Markus Stich: Das war ein ganz wichtiger Schritt. Wir haben jetzt einen jungen Trainer, der ganz andere Möglichkeiten hat, auf junge Spieler einzugehen. Die Meisterschaft geht mindestens zur Hälfte auf ihn.

Jonathan Stich: Danke! (grinst)

Markus Stich: Doch, das ist so. Und das sehe ich nicht als Vater, sondern als Vereinschef. Daher habe ich auch vor zwei Jahren das Management der Herren eins an Markus Reck abgegeben, da auch er einen viel besseren Draht zu den Spielern hat und einen Superjob macht.

Sie haben in Ihrer ersten Halbsaison als Trainer mit der zweiten Mannschaft in der Landesliga den Klassenerhalt geschafft, anschließend die Meisterschaft gewonnen. Dann sind Sie nach Ihrem Wechsel zur ersten Mannschaft direkt in die Oberliga aufgestiegen. Wie sieht der Handball Marke Jonathan Stich aus?

Jonathan Stich: Ich lege ganz großen Wert auf Disziplin. Bei mir geht viel über die Abwehr und dann das ganz, ganz schnelle Umschaltspiel mit erster und zweiter Welle. Im Positionsangriff richten wir uns dann nach dem jeweiligen Gegner. Ich bevorzuge kein starres System, sondern passe unseren Angriff immer an meine Spieler an.

Zunächst war es ja nicht Ihr Traum, Trainer zu werden. Sie haben auch keinen Trainerschein.

Jonathan Stich: Das war völlig aus der Not geboren, als ich in der zweiten Mannschaft gespielt habe und wir im Abstiegskampf steckten. Mittlerweile merke ich aber, dass es mir mehr Spaß macht, Trainer zu sein als Spieler. Besonders bei den Konditionseinheiten in der Vorbereitung. (lacht) Ich bin wie die Jungfrau zum Kinde dazu gekommen. Ich hatte im Studium und Beruf und jetzt als Familienvater auch gar nicht die Zeit, einen Trainerschein zu machen. Mir hilft die Erfahrung, unter ganz vielen Top-Trainern gespielt zu haben – von Adolf Frombach bei der HSG Konstanz bis zu Goran Perkovac in Schaffhausen, der als Spieler 1996 Olympiasieger mit Kroatien wurde. Ich habe mir alles selbst erarbeitet, habe aber auch das Glück, mit Sascha Spoo einen jungen B-Lizenzinhaber als Co-Trainer neben mir zu haben.

Was ist in der kommenden Saison drin?

Jonathan Stich: Natürlich ist das erste Ziel der Klassenerhalt. Dafür arbeiten wir hart. Klar ist aber auch, dass wir den nur erreichen können, wenn die jungen Spieler eineinhalb bis zwei Schritte vorwärts machen. Sonst wird’s schwierig. Unsere Mitaufsteiger sind unsere natürlichen Konkurrenten, und die sind alle stark und finanzkräftig. Es steigen zwischen drei und fünf Mannschaften ab, realistisch betrachtet, braucht man zwischen 20 und 25 Punkten. Das ist eine Riesenherausforderung bei 30 Spielen. Drin zu bleiben wäre ein noch größerer Erfolg als die Meisterschaft – gerade mit unseren begrenzten finanziellen Mitteln und dem jungen Kader.

Markus Stich: Letztes Jahr war immer die Frage: Was macht ihr, wenn ihr Meister werdet? Da habe ich gesagt: Wir steigen natürlich auf. Wir werden uns aber nicht übernehmen. Wir haben uns abgestimmt mit den Jungs und gesagt: Egal, wie es ausgeht, wir können euch nicht mehr Geld bieten. Und wenn wir in der Oberliga keinen Punkt holen: Es wird nicht aufgerüstet, und es wird keinen Trainerwechsel geben. Höchstens, er hört von sich aus auf. Sollten wir absteigen, haben alle einen großen Schritt gemacht. Alle werden lernen ohne Ende.

Bleibt die Mannschaft unverändert?

Jonathan Stich: Nicht ganz. Julian Kalweit und Daniel Weber haben uns studienbedingt verlassen. Abwehrchef Steffen Maier und der sehr talentierte Rechtsaußen Fabian Blum haben aus gesundheitlichen Problemen aufgehört. Diese Position ist vielleicht unser größtes Problem, da auch der etatmäßige Rechtsaußen Fabian Maier mit einem Kreuzbandriss noch länger ausfällt. Dann haben wir drei Spieler aus der A-Jugend hochgezogen und extern Bastian Dannenmayer aus Ehingen und Manuel Dreher aus Singen geholt.

Mit welchem Gefühl blicken Sie auf das erste Oberligaspiel am Samstag, 17 Uhr, beim TSV Deizisau?

Jonathan Stich: Die Vorfreude ist bei mir das überwiegende Gefühl.

Markus Stich: Ich war sonst immer locker, aber jetzt wache ich schon ab und an nachts auf und denke: Oh je, oh je, es geht bald los. Was kommt da auf uns zu?

Jonathan Stich: Natürlich fahren wir nach Deizisau und wollen dort unseren ersten BWOL-Sieg holen und dann eine Woche später gegen Plochingen den ersten Heimsieg. Es gilt, relativ schnell den Respekt vor der Liga abzulegen und den Kampf anzunehmen. Wir wollen in dieser Liga schon was reißen.

Fragen: Ingo Feiertag

Zur Person

Jonathan Stich ist 32 Jahre alt und nun in seiner dritten Saison Trainer des TuS Steißlingen. Der Abteilungsleiter bei einer Bank war als Spieler unter anderem bei HSG Konstanz, Kadetten Schaffhausen, DJK Singen und TuS Steißlingen aktiv. Stich ist verheiratet und hat einen ein Jahr alten Sohn. (fei)

Zur Person

Markus Stich ist 61 Jahre alt und seit zehn Jahren Handball-Abteilungsleiter beim TuS Steißlingen. Der gebürtige Singener ist Geschäftsleiter bei einem Dienstleistungsunternehmen und wohnt seit 33 Jahren in Steißlingen. Sein Sohn Jonathan ist Trainer der ersten Mannschaft des Vereins. (fei)